Windows 8 – Farbe, Kacheln, Apps

Windows XP war mir lange Jahre ein treuer Weggefährte. Der Support von Microsoft wird allerdings im April 2014 auslaufen, ab da an wird sich XP in ein wahres Virennest verwandeln.

Beruflich komme ich an Windows nicht vorbei, für die sporadischen LAN-Partys brauche ich es ohnehin. Außerdem lohnt es sich, auch über den Tellerrand zu schauen. Über Dinge zu schimpfen, die man nie richtig auf Herz und Nieren getestet hat, gehört sich nicht. Bis Ende Januar läuft bei Microsoft noch eine „Hast du eine Lizenz mindestens ab WinXP, bekommst du Win 8 für 30 Euro“-Aktion. Danach wird es um einiges teurer. Klingt fair.

Auf den Microsoft-Seiten lädt man dazu den Upgrade-Assistenten herunter. Dieser überprüft die Hardware und lädt bei positiven Ergebnis das neue Betriebssystem runter. Dazu sind 4 GB Plattenplatz notwendig.

Für den Erwerb ist die Angabe einer Rechnungsadresse notwendig. Die Bezahlung geschieht wahlweise per Kreditkarte oder Paypal. Den Lizenzschlüssel bekommt man danach angezeigt und per E-Mail zugesandt. Eine DVD für eine spätere Reinstallation muss man für 10,99 € zusätzlich ordern.

Die Installation dauert ca. anderthalb Stunden, dabei startet der PC mehrfach neu. Ich habe die tabula rasa-Variante gewählt, d.h. es wurden keinerlei Daten und Programme von der alten XP-Installation ins neue System übernommen. Allerdings wurde die Partition nicht formatiert, so dass das alte „Programme“-Verzeichnis noch weiter existiert und der alte Windows-Ordner in Windows.old umbenannt wurde. Es ist also nichts verloren gegangen, die Daten sind alle noch physisch da.

Nach Abschluss der Installation wird man zur Eingabe eines PC-Names und Benutzername/Passwort gebeten. Scheinbar geht es nicht mehr ohne Passwort. Sehr löblich. Die Endeinrichtung erinnert dann stark an die Flower-Power-Zeiten. Die 70er mit bunten wechselnden Farben erleben ein Revival. Bei der Wahl des persönlich angenehmsten Farbschemas hat man die Wahl unter ca. 25 Kombinationen, die nicht alle optimale Kontraste versprechen.

Bevor es richtig losgeht, bekommt man eine kurze Schulung: die Seitenleiste erreicht man, in dem man in eine der 4 Ecken des Bildschirms fährt. Wichtig, ganz wichtig!

Der erste Eindruck

Chic, neu, mutig, bunt, große Flächen, nicht sehr verspielt, klar, aufgeräumt.

Gewöhnungsbedürftig, verwinkelt, an einigen Stellen nicht intuitiv, quergedacht.

 

Alte Leier

Begrüßt wurde ich von einer bunten Ansammlung von Quadraten. Allesamt interaktiv, so schien das „Nachrichten“-Quadrat entsprechend aktuelle News anzeigen zu wollen. Jedoch bestand keine Netzwerkverbindung – die WLAN-Treiber sind Windows nicht bekannt! Und das verstehe ich nicht: bei Linux spielt das Thema Treiber schon seit Jahren keine Rolle mehr, da ist s. Gerade Netzwerktreiber sollten dabei sein, den Rest könnte man bei Bedarf von Microsoft-Server ziehen. Doch ohne funktionierendes Netzwerk bleibt das aus.

Ich verstehe einfach nicht, warum ein so nervendes Thema wie Treiberinstallationen nicht endlich benutzerfreundlicher gemacht wurde.

Der alte Desktop

Bevor ich allerdings zum neuen Bedien- und Nutzungskonzept komme: es gibt beim ganzen App-Hype weiterhin den Desktop und Explorer, etwa wie man ihn von Windows 7 her kennt, allerdings ohne viel Schnickschnack wie Aero Class. Das ist meiner Meinung nach auch wichtig, denn 90% der PC-Nutzer setzen mit einem Computer einen Windows-Desktop gleich. Alles, was (noch) nicht mit den Apps funktioniert, muss über die klassische Oberfläche eingerichtet und genutzt werden. Der Desktop stellt sich einfach als App in der Kachelansicht dar. Verwirrend ist allerdings, dass sowohl der IE 10 als normales Programm als auch als App existieren. Beide Instanzen scheinen aber nichts von einer zu wissen.

Alte Leier II

Ohne Antiviren-Software begebe ich mich mit Windows nicht ins Netz. Unter anderen stand Avast! Antivirus im App-Store zur Auswahl. Man begibt sich auf die Website des Herstellers, klickt „Installieren“ und fertig (im Hintergrund wird eine herkömmliche Setup.exe geladen und ausgeführt. Auch das wird auf dem klassischen Desktop gemacht.) Automatisch mitinstalliert wird Google Chrome und die Google Toolbar! Ohne zu fragen! Das hat mich früher schon genervt, wenn ich nach einigen Installation mehrere Browser-Toolbars eingerichtet bekommen habe.

(Bei Linux entscheidet der Nutzer selbst, was installiert werden darf und was nicht. Basta!)

Appgefühlt

Bei iPhone und Co. hieß es mal: Es gibt für alles eine App. Nach 2 Monaten Windows 8 kann man das hier wahrlich nicht behaupten. Viel schlimmer ist, dass der App-Store nur ganz umständlich durchsucht werden kann. Eine Suche nach einem Blogging-Client endete mit keinem Treffer.

Viele Apps sind nur „simple“ verappte Webseiten, die man auch problemlos mit einem einfachen Browser aufrufen kann, bspw. Google Suche, Amazon, eBay, Bild fürs Tablet, etc. Ich habe noch keine Killer-App gefunden, die mich von heute auf morgen zu Windows als Standardsystem umsteigen lässt.

Allerdings sind diese Vollbild-Apps, auch was die Zugriffsgeschwindigkeiten betrifft, vom Gefühl her eine vollkommen neue Desktop-Erfahrung. Man vergisst vollkommen, dass man einen Windows-Rechner vor sich zu stehen hat.

Mein erstes Fazit

Windows 8 setzt vielleicht keine neuen Maßstäbe und wird sicherlich nicht den Geschmacksnerv von jeden treffen. Allerdings war die „Verappung“ eine logische Konsequenzen aus Apples App-Store, Googles Play-Store, Amazons App-Shop. Fragt sich nur, ob Nischenprogramme, Fachapplikationen und komplexe Programm-Suites nun auch Stück für Stück als App herausgegeben werden oder ob Microsoft deshalb bewusst den „guten alten“ Desktop noch im Spiel gelassen hat.

Das Design gefällt mir, es fühlt sich alles sehr flink an, selbst der Start des Systems selbst geht sehr schnell. Die doppelte Rolle des IE 10 (als App und als Desktop-Programm) verwirrt.

Es wird immer Nörgler geben, die alles ablehnen, was neu ist und was sie nicht kennen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das wird meiner Meinung nach das größte Problem, sollte Windows 8 um Akzeptanz kämpfen müssen. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Niemand muss mehr im Internet nach Funktionen eines Programms suchen, aus dubiosen Quellen etwas herunterladen, installieren, mit Fehlermeldungen kämpfen auf Grund unterschiedlicher Programmpfade.

Es sollte eigentlich einfacher werden, wenn Microsoft nicht irgendwo noch kapitale Böcke geschossen hat, die ich bislang nicht gefunden habe.
(Doch, einer! Um Windows 8 herunterzufahren muss man: mit dem Mauszeiger in die obere rechte Ecke, auf Einstellungen klicken, auf Ein/Aus klicken und auf Herunterfahren klicken – Das schreit förmlich nach einer App, die das abkürzt!)

Die Freiheiten von Ubuntu kann mir Windows 8 nicht geben, auch nicht die Möglichkeiten „unter die Haube“ zu schauen. Aber ich kann mir vorstellen, in Zukunft beim Booten öfters mal Windows 8 zu wählen.

Ein Gedanke zu „Windows 8 – Farbe, Kacheln, Apps

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